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Tag der Seltenen Krankheiten einmal anders

Am diesjährigen Tag der seltenen Krankheiten, der situationsbedingt am 6. März 2021 virtuell stattfand, verfolgten rund 160 Personen, darunter Betroffene, Angehörige aber auch Fachpersonen und Vertreterinnen und Vertreter der Industrie gespannt die Vorträge und nahmen teil an den angeregten Fragerunden.

In die Kamera statt in einen vollen Saal blicken

Der grosse Saal im Hotel Kreuz in Bern wurde als Aufnahmestudio umfunktioniert. Die Simultanübersetzerinnen haben sich ebenfalls dort in ihren Kabinen eingerichtet und jede Menge Technik, die für den Livestream nötig war, inklusive Kamera und Rednerpult für die Präsentationen wurden vor Ort installiert. Pünktlich eröffnete am Samstagmorgen die Präsidentin von ProRaris, Anne-Françoise Auberson, die Tagung mit ihren Willkommensworten. Für sie, wie auch für alle anderen Rednerinnen und Redner in Bern, war es doch sehr gewöhnungsbedürftig, statt ins Publikum in eine Kamera zu sprechen und somit auch keine unmittelbaren Reaktionen zu erhalten.

Einblicke in die Arbeiten der kosek

Im Fokus der diesjährigen Veranstaltung waren die «Spezialisierten Zentren für seltene Krankheiten». Prof. Jean-Blaise Wasserfallen, Präsident der Nationalen Koordination Seltene Krankheiten kosek, machte mit seiner Präsentation den Auftakt, indem er einen Überblick der diversen Projekte und Arbeiten der kosek bot. Seinen Ausführungen folgte die Online-Präsentation von Dr. Fabrizio Barazzoni – direkt aus dem Tessin – welcher die enorme Arbeit der Versorgungsgruppe der kosek aufzeigte. Die Versorgungsgruppe hat die herausfordernde Aufgabe, die Bewerbungsdossiers der Zentren zu evaluieren und anschliessend eine Empfehlung zuhanden des kosek-Vorstands zu formulieren. Dabei hat die Gruppe ein innovatives System entwickelt: Die Dossiers werden in sogenannten Tandem-Teams evaluiert, jeweils eine Vertretung seitens Patienten in Zusammenarbeit mit einer Vertretung der Leistungserbringer. Dieses System ermöglicht eine breite Evaluation unter Berücksichtigung der verschiedenen Bedürfnisse.

Register und Forschung zu seltenen Krankheiten erhalten neuen Auftrieb

Die Professorin Claudia Kuehni und ihre neue Mitarbeiterin Dr. Michaela Fux vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM) informierten über die nächsten Schritte und Aktivitäten des Schweizer Registers für Seltene Krankheiten. Mit der Basisfinanzierung für die nächsten fünf Jahre können die Arbeiten zwar gestartet werden, es gilt aber aufgrund der beschränkten Mittel Prioritäten zu setzen. Die Zusammenarbeit mit den Spitälern bildet die erste Etappe. Zu einem späteren Zeitpunkt soll dann eine Plattform dazukommen, mit der sich Betroffene selbst registrieren können.

Auch im Bereich der Forschung tut sich etwas. Frau Professor Janine Reichenbach gab einen kurzen Einblick in den Universitären Schwerpunkt ITINERARE, welcher auf die Forschung im Bereich seltene Krankheiten fokussiert und dabei auch den Patienteneinbezug anstrebt.

Welche Bedeutung die Forschung für Angehörige und Betroffene hat, belegte im Anschluss das Video von Dr. Alfred Wiesbauer, Vize-Präsident von ProRaris. Seine Tochter Sophie, welche an Morbus Morquio leidet, durfte an einer klinischen Studie in München teilnehmen. In drei Videosequenzen, welche in Zusammenarbeit mit der Swiss Clinical Trial Organisation (SCTO) realisiert wurden, gab er einen sehr persönlichen Einblick in diese Erfahrung. Sein Fazit: „Dank der Teilnahme an der klinischen Studie ist die Lebenslust unserer Tochter Sophie zurückgekommen und sie konnte viele wertvolle Kontakte mit Betroffenen aus ganz Europa knüpfen.“

Lob von Bundesseite für ProRaris und bessere Behandlungen dank Referenzzentren

Das Nachmittagsprogramm startete Anne Lévy, Direktorin des Bundesamtes für Gesundheit, mit einer Übersicht über die Projekte im Rahmen des Nationalen Konzepts seltene Krankheiten. Sie fand es bemerkenswert, dass ProRaris als Vertreterin der betroffenen Patientinnen und Patienten direkt an den an der Tagung präsentierten Erfolgen beteiligt ist. Die enge Einbindung der Betroffenen trägt ihres Erachtens dazu bei, dass die erarbeiteten Lösungen langfristig auch wirklich praxistauglich sind. Im Anschluss wurden als Pilotprojekte die ersten beiden krankheitsspezifischen Referenznetzwerke vorgestellt – eines für Stoffwechselkrankheiten und eines für neuromuskuläre Krankheiten, denn künftig sollen die einzelnen seltenen Krankheiten in spezialisierten Referenznetzwerken behandelt werden. Die Organisation als Netzwerk ermöglicht es, Kompetenzen und Wissen zu teilen, aber auch gemeinsam die bestmögliche Betreuung der Patientinnen und Patienten festzulegen. Es sind Spezialistinnen und Spezialisten verschiedenster Disziplinen der ganzen Schweiz eingebunden, welche stets die Bedürfnisse und Anliegen der Betroffenen in den Mittelpunkt stellen. Trotz all dieser Vorteile und der Überzeugung für dieses Vorgehen nannten die beiden Referenten ebenfalls diverse Herausforderungen. So gilt es beispielsweise die Bedürfnisse der verschiedenen Akteure, welche sich in den Referenznetzwerken engagieren, unter einen Hut zu bringen, aber auch die Finanzierung der diversen Aufgaben der Zentren ist anspruchsvoll. «Es war interessant zu sehen, mit welch unterschiedlicher Herangehensweise die beiden Netzwerke entstehen», fasste unsere Geschäftsführerin Jacqueline de Sá ihre Eindrücke nach den Präsentationen zusammen. Das Pilotprojekt neuromuskuläre Krankheiten wird von der Patientenorganisation Muskelgesellschaft geleitet, jenes der «Stoffwechselerkrankungen» von der Fachgesellschaft Swiss Group for Inborn Errors of Metabolism (SGIEM), also von medizinischen Fachpersonen.

Ein flammender Appell zum Mitwirken als Abschluss

Dr. Therese Stutz, Vize-Präsidentin von ProRaris schloss die Veranstaltung mit einem Aufruf an die Patientinnen und Patienten: „Ich bin als Betroffene seit vielen Jahren aus Überzeugung aktiv als organisierte Patientin und behinderte Person. Organisierte und aktive Patientinnen und Patienten sind mehr und mehr gefragt. Wer kann, möge sich aktivieren und organisieren. Diejenigen, die mitreden und mitbestimmen wollen, sind unter uns noch zu häufig in der Minderheit. Wenn wir unsere Erfahrungen und unser Wissen teilen, gewinnen wir Selbstsicherheit und wir können den eigenen Krankheitsverlauf beeinflussen.“

Gerne hätten wir uns in diesem Sinne mit den Teilnehmenden am Ende des Tages im Rahmen eines Apéros noch weiter ausgetauscht, was jedoch aufgrund des Online-Formats nicht möglich war. Umso mehr hat es uns gefreut, dass die Fragerunden rege genutzt wurden und damit dennoch eine gewisse Interaktion möglich war. Für 2022 wünschen wir uns jedoch ganz fest, dass wir den Tag der Seltenen Krankheiten wieder im persönlichen Austausch durchführen und erleben dürfen.

Die ganze Dokumentation zur Tagung sowie die Videos finden Sie hier

Lesen Sie auch den Artikel zum Tag der Seltenen Krankheiten im Fachmagazin Krankenpflege

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